Die Kultur braucht auch nach Corona nachhaltige Finanzierung und Räume zur Entfaltung

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Für den Neustart nach Corona braucht Kultur weiterhin Förderung und Räume! Das wurde bei einem Gespräch mit Kulturschaffenden und Politikerinnen und Politikern in Stadt und Landkreis Gießen deutlich, als über die Herausforderungen für Kulturveranstaltungen und mögliche Lösungsansätze diskutiert wurde. Neben Vertreterinnen und Vertretern der freien Kunst- und Kulturszene waren Nina Heidt-Sommer, SPD-Landtagsabgeordnete, Astrid Eibelshäuser, Stadträtin in Gießen, Dirk Haas, Co-Vorsitzender der SPD- Kreistagsfraktion und Dietlind Grabe-Bolz, ehemalige Oberbürgermeisterin und Kulturdezernentin der Stadt Gießen anwesend. Eingeladen hatte Emily Härtel als Vorsitzende des Kulturforums des Landkreises Gießen e.V., das die Vernetzung unter Kulturschaffenden und mit der Politik fördert. 

Das praxisnahe Förderprogramm „Vorhang auf!“ des Landkreises, initiiert von Landrätin Anita Schneider, hat während der Pandemie viele Veranstaltungen ermöglicht und auch die Zusammenarbeit mit dem Kulturamt in Gießen läuft aus Sicht der Künstler*innen gut! Nach den Einschränkungen durch die Pandemie sieht es jedoch kritisch aus für die Kultur. Es fehlt generell an niedrigschwelligen und allgemeinen Förderungen, die nicht an spezielle Kriterien gebunden sind. „Fördermittel, die für die Zeit während Corona gedacht waren, greifen nun nicht mehr, da die Beschränkungen, die für eine Förderung Voraussetzung sind, wegfallen. Wir brauchen deshalb eine nachhaltige, stetige Kulturförderung im Landkreis, um jetzt weiter Kulturveranstaltungen anbieten zu können,“ erklärt Cordula Poos, Harfenistin und Mitbegründerin des „GießenStreamTeam“, das im letzten Jahr den Kulturförderpreis des Landkreises Gießen gewonnen hat. „Dieses Jahr wird das schwerste Jahr der Pandemie“, erklärt Sabine Glinke von SG Events & Medien. „Die Leute sind noch vorsichtig und allein über die Eintrittsgelder können sich viele kleine Veranstaltungen ohnehin nicht finanzieren. Ich mache mir Sorgen um die Festivals im ländlichen Raum. Hier brauchen wir dringend finanzielle Unterstützung, damit sie weiterhin stattfinden können.“

Komplizierte und zeitaufwändige Förderprogramme
Viele Förderprogramme sind sehr kompliziert in der Beantragung und oft auch nicht passend für kleine Veranstaltungen. Für die Beantragung wird zudem sehr viel Zeit benötigt, die Freischaffende oft nicht leisten können. Deshalb wären Förderlotsen in Stadt und Landkreis hilfreich, wie sie Dietlind Grabe-Bolz vorgeschlagen hat. Diese könnten gebündelte Informationen über mögliche Förderungen bereitstellen und bei den Anträgen unterstützen. Das wäre schon eine große Entlastung. „Solche Förderlotsen, die weit über die Kulturförderung hinaus umfänglich beraten würden, können gut als interkommunale Projekte auf den Weg gebracht werden. Erste Ideen dazu gibt es bereits“, erklärt Dirk Haas. 

Deutlich wird, dass die Kommunen die notwendige finanzielle Unterstützung einer vielfältigen und bunten Kulturlandschaft nicht alleine stemmen können. „Wer Kultur möchte, muss dafür auch Geld zur Verfügung stellen und das muss vor allem vom Land kommen,“ erklärt Nina Heidt- Sommer. „Diese Aufgabe wird momentan nicht ernst genug genommen. Zwar wurden während der Pandemie Programme wie das Förderprogramm „Ab ins Freie“ gestartet, doch die Kultur braucht natürlich auch nach Corona Finanzierung,“ so Heidt-Sommer weiter.  

Die Gagen sind in den letzten zehn Jahren nicht gestiegen, obwohl die Lebenshaltungskosten immer teurer werden. Veranstalter können meist einfach nicht ausreichend zahlen und viele Veranstaltungen sind nur möglich, weil Künstlerinnen und Künstler für niedrige Gagen spielen. „In der Bildenden Kunst gibt es oft gar keine Gagen,“ erläutert Dirk Zschocke, Vorsitzender vom Neuen Kunstverein Gießen e.V. und Bildender Künstler. 

Räume für Kunst und Kultur fehlen

Auch Kulturräume für kleine Veranstaltungen oder Ausstellungen sind weiter ein Thema. Dass mit dem Kulturgewerbehof nun mitten in Gießen Kulturraum geschaffen wird, begrüßen alle Künstlerinnen und Künstler. „Wir prüfen außerdem, inwieweit auch Räume zur Zwischennutzung zur Verfügung gestellt werden können,“ merkt Astrid Eibelshäuser an.  

Auch wäre mehr Unterstützung in der Organisation, z.B. durch mehr Stellen in den Kulturämtern hilfreich, um die freie Kulturszene bei Veranstaltungen zu unterstützen. Da Kultur aber nach wie vor zu den freiwilligen Leistungen zählt, sind viele Maßnahmen weiterhin schwierig. Vieles kann nur durch das wertvolle Engagement von Ehrenamtlichen stattfinden. Es bleibt viel zu tun, doch die anwesenden Politiker*innen arbeiten an möglichen Lösungsansätzen und nehmen die Problemstellungen mit in die entsprechenden Gremien. 

Den fruchtbaren Austausch zwischen Kulturschaffenden und Politik wird das Kulturforum weiterführen!